13. März 2011 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Mexico-Hilfe und Kindermissionswerk unterstützen Kinderprojekte am Rande der Müllkippe – eindrucksvoller Besuch für Steffi Jones in Mexico. |
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Mexico-City/Aachen. „Ich hab‘ auch Angst vor Ratten”, sagt Steffi Jones mitfühlend und nimmt vorsorglich Lucero, David und Graciela in den Arm. Die drei Kinder begleiten die ehemalige deutsche Fußball-Nationalspielerin auf die Müllkippe von Mexico-City. Ein ungewöhnlicher Ort für einen Star wie Steffi Jones, aber der Besuch war der 38-Jährigen wichtig. Mexiko ist das neunte Land, das die Präsidentin des Organisationskomitees der Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft besucht, um die Gäste offiziell nach Deutschland einzuladen – und Mexiko ist ein Land, das sie rasch ins Herz geschlossen hat.
Am Dienstagvormittag noch kickte sie im Präsidentenpalast mit der First Lady Mexikos auf eine Torwand, plauderte auf Englisch, wenige Stunden später stolpert sie mit den Kindern über alte Autoreifen, ausgelutschte Orangenschalen und Bauschutt. Es stinkt gewaltig zum Himmel. Krasser kann man die Gegensätze Mexikos kaum erleben. Aber die Armenviertel wie Chimalhuacán und Nezahualcoyotl im Osten der Stadt sind nicht nur Abfalldeponie der 20-Millionen-Metropoloe. Hier leben auch die größten Fußballfans, die sogar auf der Müllkippe zwei Tore aus alten Holzpfosten aufgestellt haben. Und hier unterstützen die Mexico-Hilfe der DFB-Stiftung Egidius Braun und das Kindermissionswerk „Die Sternsinger” gemeinsam ein Projekt, das armen Kindern ermöglicht, ihren Träumen einen Schritt näher zu kommen. Eine Stadt im, um und auf dem Müll
Der elfjährige David Mauricio Tellez schaut den Müllsammlern in Gedanken versunken zu. Auch seine Mutter hat so angefangen. Ihr Mann schlug sie, trank und tauchte nur sporadisch auf. Um die Kinder hat er sich nie gekümmert. Davids Mutter blieb nichts anders übrig, als die eigenen vier Kinder und drei Neffen und Nichten alleine durchzubringen. Für eine Schulabbrecherin wie Maria Tellez gab es aber keine Jobs – nur den Müll, und eine notdürftige Papphütte. Die großen Kinder halfen beim Sammeln statt zur Schule zu gehen. Dann erzählte ihr eine Sozialarbeiterin vom Kindergarten und der Schule, die von den Deutschen unterstützt werden. Heute hat Maria einen Job als Putzfrau, ein kleines, festes Häuschen, und drei ihrer Kinder besuchen das „Colegio Laureles”. Das Colegio ist ein gepflegter, großräumiger Steinbau am Ende der Müllkippe, der eine angenehme Ruhe ausstrahlt inmitten des Chaos. „Jetzt werde ich noch mehr trainieren” „Ich stamme auch aus schwierigen Verhältnissen”, vertraut Steffi Jones den Kindern an, und erzählt von ihrer Jugend, von Diskriminierung wegen ihrer Hautfarbe, von Wut und Frust. „Doch das ist nicht mit der Situation hier zu vergleichen”, fügt die Repräsentantin der Frauen-Fußballweltmeisterschaft, die im Juni und Juli in Deutschland steigt, hinzu. Statt wie geplant eine bleibt sie drei Stunden; zu den Kindern hat sie sofort einen Draht. Sie plaudern über Hip Hop und House-Musik, über verhasste Matheaufgaben und US-amerikanische Filmserien, Steffi Jones lässt sich die Schule zeigen. Dann gestikuliert Lucero stolz, dass sie Abwehrspielerin ist, wie Steffi, und ein paar Tricks von ihr lernen möchte. Bereitwillig begleitet die Ex-Nationalspielerin sie auf den kleinen, betonierten Fußballplatz, und die Präsidentin des WM-Organisationskomitees demonstriert etwas atemlos angesichts der 2.300 Meter Höhe, aber eindrucksvoll, warum sie einst als weltbeste Spielerin galt. „Sie zeigt, dass man im Leben das erreichen kann, was man will. Jetzt werde ich noch mehr trainieren, damit ich vielleicht auch einmal so gut werde”, gestikuliert Lucero, die an den Wochenenden ihrer Mutter hilft, auf dem Markt Maisfladen zu verkaufen, um davon ihre Schuluniform und einen Teil des Schulgeldes zu bezahlen. Aber die Profi-Fußballerinnen-Karriere muss erst einmal warten. Nächstes Jahr will Lucero die erste Abiturientin ihrer Familie werden. Weitere Infos: |