“Mexico-Hilfe”: Dank Braun ist Fußball mehr als ein 1:0
23. August 2011 Zurück zur Artikelübersicht »
Termine und Verpflichtungen rund um die Uhr, Zeit haben sie eigentlich alle nicht, wo doch gerade der dritte Bundesliga-Spieltag abgehakt wurde und Länderspiele gegen Österreich und EM-Gastgeber Polen bevorstehen.
Würdigung des Lebenswerks: Dr. Theo Zwanziger und Egidius Braun (v.r.)

Und doch nahmen sich Franz Beckenbauer, Rudi Völler, Harald Schumacher, DFB-Schatzmeister Horst R. Schmidt und DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger die Zeit, einen Mann und seine Idee zu würdigen.

Im barocken Weißen Saal des Aachener Rathauses kamen einige der größten Namen des deutschen Fußballs zusammen, um Egidius Braun und seine Mexico-Hilfe zu ehren, deren Entstehung sich in diesem Sommer zum 25. Mal jährt. Der heute 86-jährige DFB-Ehrenpräsident und Theo Zwanziger trugen sich in das Goldene Buch der Kaiserstadt ein.

“Egidius Braun kann nicht wegschauen, und solche Menschen gibt es nur ganz wenige. Er ist ein Mann, der nicht wegläuft, wenn er Not und Elend sieht. Er packt dann sofort an”, beschrieb DFB-Präsident Zwanziger den Charakter seines Vor-Vorgängers im Amt, mit dem ihn selbst durchaus die Überzeugung von einer sozialen Verantwortung des Fußballs verbindet. Zwanziger nannte den Anschlag von Solingen und den Angriff auf den französischen Polizisten Daniel Nivel als weitere Beispiele für Brauns Haltung, sofort und mit Nachdruck zu helfen.

Franz Beckenbauer, im Sommer 1986 Teamchef der deutschen Nationalmannschaft, sagte: “Lieber Egidius Braun, Sie können mit Stolz auf das Geleistete zurück blicken.”

Rudi Völler wurde der erste Spender der Mexico-Hilfe

“Pater Braun”, wie ihn Journalisten aufgrund seines ausgeprägten Sozialsinns tauften, hatte Beckenbauer und die Nationalmannschaft damals im Sommer ’86 in ein Waisenhaus in Querétaro mitgenommen. Der Besuch, auch um ein wenig positive Stimmung bei den mexikanischen Fans zu machen, wie Beckenbauer sagte, wurde ein einschneidendes Erlebnis. “Wir sahen katastrophale Zustände, so etwas kennt man in Deutschland nicht”, erinnert sich Beckenbauer, und Harald Schumacher beschreibt die erbärmlichen Bedingungen: “Das war eine Bruchbude. Die Babys schliefen in Apfelsinenkisten”.

Spontan zückte Rudi Völler damals das Scheckbuch, der Stürmer wurde der erste Spender der Mexico-Hilfe. Seither ist der Strom der Hilfe nie abgerissen, viele Spieler des 86er-WM-Teams spenden regelmässig für Brauns Mexico-Hilfe. Neben Beckenbauer, Völler und Schumacher haben sich im Lauf der Jahre besonders Hans-Peter Briegel, die Brüder Karlheinz und Bernd Förster sowie Guido Buchwald finanziell für die Stiftung eingebracht. Auch Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff hat große Beträge gespendet. Der ehemalige Kölner Nationaltorwart Schumacher brachte einen Scheck über 20.000 Euro mit zur Feierstunde nach Aachen.

Kein einziger Cent Steuergelder ist in den 25 Jahren in die Mexico-Hilfe geflossen, betonte Zwanziger. “Und auch auf Einnahmen aus dem Benefiz-Länderspiel ist die Mexico-Hilfe nicht angewiesen”, sagte der DFB-Präsident. Die Mexico-Hilfe lebt und überlebt allein dank der Gebefreudigkeit der Nationalspieler und vieler Kleinspender.

“Wer soll helfen, wenn nicht wir?”, mahnte Beckenbauer im Aachener Rathaus. Francisco González Diaz, der mexikanische Botschafter, sagte: “Egidius Braun hat für eine beispiellose Geschichte des sozialen Engagements gesorgt, in Europa, in Mexiko und auch in anderen Teilen der Welt. Dank seiner Lebensleistung sind heute viele Menschen davon überzeugt, dass Fußball mehr ist und bedeutet als ein 1:0.”

Allein 24 Waisenkinder wurden an deutsche Familien vermittelt

Feierstunde in großer Runde: 25 Jahre "Mexico-Hilfe"

Mit weit mehr als fünf Millionen Euro hat die Mexico-Hilfe in den vergangenen 25 Jahren verschiedene Projekte der Kinder- und Waisenbetreuung finanziert. Auf einer Müllkippe in der Peripherie des Molochs Mexico-City, wo einige der ärmsten Mexikaner ums tägliche Überleben ringen, entsteht jetzt ein Ausbildungszentrum, um so Aufstiegschancen für die Kinder zu schaffen. Das bekannteste Projekt aber ist sicher das “Casa de Cuna”, das “Wiegenhaus”, ein Waisenhaus in Santiago der Queretaro. Allein 24 Waisenkinder aus dem “Casa de Cuna” wurden an deutsche Familien vermittelt.

Der 1925 in Breinig bei Aachen geborene Egidius Braun lebt bis heute mit seiner Frau Marianne in der Kaiserstadt. Im Sommer 1986 war er als Schatzmeister des DFB nach Mexiko gereist, von 1992 bis 2001 war er dann Präsident des DFB. Für seine sozialen, karitativen und gesellschaftspolitischen Leistungen wurde er 2001 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband ausgezeichnet. Am Montag in Aachen sagten ihm die Dank, die er vor 25 Jahren durch ein mexikanisches Waisenhaus geführt hatte.