Mit ruhiger Hand und großer Konzentration – Sportschützin Natascha Hiltrop im Portrait
31. März 2015 Zurück zur Artikelübersicht »

Eine der Nachwuchssportlerinnen, die im Rahmen der Nachwuchs-Eliteförderung paralympisch durch die DFB-Stiftung Egidius Braun und die Deutsche Sporthilfe unterstützt werden, ist Natascha Hiltrop aus Hessen. Die angehende Verwaltungs-Fachangestellte zählt zu den talentiertesten Sportschützinnen mit Handicap in Deutschland. Rainer Kalb stellt die Spitzensportlerin vor.

Als Frau das Sportschießen zu erlernen, ist auch heute immer noch relativ ungewöhnlich – aber längst keine Ausnahme mehr. Für Natascha Hiltrop, eine der besten deutschen Sportschützinnen mit Behinderung, ist es das Normalste der Welt. „Ein Freund meines Bruders hat mich einst angesprochen. Da bin ich mitgegangen ins Schützenhaus und habe es ausprobiert“, berichtet die 22-Jährige, die für den SV Lengers von 1964 aktiv ist. Ihre Begeisterung hält bis heute an.

Die DFB-Stiftung Egidius Braun hat Natascha Hiltrop unter ihre Fittiche genommen und unterstützt die junge Spitzensportlerin, die schon 2012 in London Paralympics-Teilnehmerin war. Und die Paralympics in Rio de Janeiro 2016, dort wo Deutschland 2014 Fußball-Weltmeister wurde, sind das nächste ganz große Ziel der aus der Nähe von Bad Hersfeld stammenden Nordhessin. „Natürlich möchte ich gerne nach Rio. Ich hoffe, es klappt“, sagt die Schützin, die sich auf das Luftgewehr und das Kleinkaliberschießen spezialisiert hat. Auf zehn, beziehungsweise 50 Meter wird geschossen: „Ich schieße lieber auf die größere Distanz, das knallt noch ein bisschen lauter“, sagt Hiltrop. Die „10“ zu treffen ist das Ziel jedes Sportschützen. Und Natascha Hiltrop schafft das in der Regel häufiger als viele ihrer Konkurrentinnen.

Das Ziel im Visier: Sportschützin Natascha Hiltrop

Das Ziel im Visier: Sportschützin Natascha Hiltrop

Paralympics in London besonderes Highlight

Auf die Frage, was denn am wichtigsten sei, um die „10“ zu treffen, meint Hiltrop: „Eine gute Technik ist natürlich sehr wichtig.“ Aber auch große Konzentration zeichnet sie aus, sie kann sich auf den Punkt hin auf das Entscheidende konzentrieren, dabei alles um sie herum ausblenden. Ihre Disziplinen sind Luftgewehr stehend und liegend, Kleinkaliber liegend und Kleinkaliber-Stellungskampf 3×20 Schuss. Ihre inkomplette Querschnittslähmung erlaubt es ihr, „ganz normal zu laufen“.

Das absolute Highlight ihrer bisherigen Karriere waren natürlich die Paralympics in London vor drei Jahren. „Aber auch die Europameisterschaften 2012 in Spanien waren fantastisch“, berichtet sie. Schließlich wurde sie Europameisterin im Luftgewehr liegend. Bei den Paralympics steht ein 15. Rang im Luftgewehr stehend zu Buche. „Meine Hauptkonkurrenz kommt aus Schweden, Großbritannien und natürlich aus ganz Asien“, sagt Natascha Hiltrop, „aber selbstverständlich auch aus Deutschland.“ Den Einwand, dass sie die nationalen Konkurrentinnen zuletzt eigentlich ganz gut im Griff hatte, beantwortet sie mit einem lapidaren: „Naja!“

Hessens Sportlerin mit Handicap des Jahres 2014

Immerhin ließ sie bei der Wahl des Landessportbundes Hessen in Sportschützin Manuela Schmermund (Mengshausen) eine ganz prominente Kollegin hinter sich. Natascha Hiltrop wurde als Sportlerin mit Behinderung des Jahres 2014 im Rahmen der Olympischen Ballnacht im Wiesbadener Kurhaus geehrt. Auf Rang drei landete Rollstuhlbasketballer Thomas Böhme (RSV Lahn-Dill). „Ich freue mich sehr über die Ehrung. Vor zwei Weltklasseathleten gewählt zu werden, ist etwas ganz Besonderes“, sagte die frisch Gekürte damals stolz.

Das Jahr 2014 war ein besonders erfolgreiches für die junge Sportlerin. Sie holte im Juli vier Medaillen bei den Weltmeisterschaften im thüringischen Suhl: Silber im Team Luftgewehr, im Team Dreistellungskampf und im Mixed Kleinkaliber liegend sowie Bronze im Mixed Luftgewehr. Einen Monat später bei den deutschen Meisterschaften in München folgten zwei Goldmedaillen sowie je eine Silber- und Bronzemedaille in Einzeldisziplinen.

Gold für Natascha Hiltrop

Gold für Natascha Hiltrop

Im August 2014 begann sie eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte. Und erst wenn sie diese beendet hat, wird wohl das Thema Auszug aus dem Elternhaus ein Thema sein. Zurzeit genießt sie es, dass es von zu Hause bis zur Trainingsstätte nur zwei Kilometer sind. Fast ideale Voraussetzungen für die junge Dame, die in ihrer Freizeit gerne Karten spielt: „Rommé zum Beispiel.“ Kein Wunder, denn auch da braucht man schließlich viel Konzentration und eine ruhige Hand…

Stichwort: Nachwuchseliteförderung paralympisch

Seit dem Jahr 2001 kooperiert die DFB-Stiftung Egidius Braun im Bereich der Nachwuchseliteförderung mit der Stiftung Deutsche Sporthilfe. Die 1967 gegründete Sporthilfe versteht sich als bürgerschaftliche Initiative zur materiellen, ideellen und sozialen Förderung der Spitzensportler und Nachwuchstalente in Deutschland.

Die Braun-Stiftung fördert gezielt Sportler mit Handicap auf ihrem Weg zu den paralympischen Spielen. Unterstützt werden 25 Sportlerinnen und Sportler. Jeder Athlet erhält bis zu 4.000 Euro pro Jahr. Das Engagement ist der Sporthilfe eine wichtige Angelegenheit, wie Geschäftsführer Dr. Michael Illgner betont: „Seit vielen Jahren unterstützt die DFB-Stiftung Egidius Braun die Arbeit der Deutschen Sporthilfe. Wir sind froh und dankbar, dass sich der deutsche Fußball mit seiner großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung solidarisch gegenüber den von der Deutschen Sporthilfe geförderten Sportlern zeigt.“