„1:0 für ein Willkommen“ – Braunschweig-Geschäftsführer Voigt: „Mussten nicht lange nachdenken“
15. Juli 2015 Zurück zur Artikelübersicht »

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gab Mitte März in Berlin zusammen mit Staatsministerin Aydan Özoguz, der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, sowie Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball den Startschuss für die Flüchtlingsinitiative des deutschen Fußballs. Die DFB-Stiftung Egidius Braun unterstützt in diesem Rahmen partnerschaftlich mit der Beauftragten der Bundesregierung sowie mit zusätzlicher Unterstützung der Nationalmannschaft mit ihrer Initiative „1:0 für ein Willkommen“ in den Jahren 2015 und 2016 bis zu 1.200 Fußballvereine mit insgesamt 600.000 Euro. Bisher wurden bereits mehr als 430 Klubs unterstützt.

Dabei beteiligen sich nicht nur die sogenannten Amateurvereine an der Stiftungsinitiative, auch Profiklubs wurden für ihr Engagement um Flüchtlinge aus Krisengebieten bereits gefördert – so wie Zweitligist Eintracht Braunschweig. SID-Volontär Benjamin Tonn hat mit Eintracht-Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt über das Engagement der Niedersachsen gesprochen.

Benjamin Tonn: Warum liegt der Eintracht gerade die Flüchtlingsthematik so am Herzen?

Eintracht-Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt

Eintracht-Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt

Soeren Oliver Voigt: ,,Wir sind ein Verein, der in der Stadt Braunschweig und in der Region schon seit vielen Jahren und in unterschiedlichsten Bereichen seiner sozialen Verantwortung gerecht wird. Es ist unsere Pflicht, im Rahmen unserer Möglichkeiten notleidenden Menschen in unserem Umfeld zu helfen. Jeder bei uns hat nach der Eskalation der Krise in Syrien das Gefühl gehabt, dass wir in dieser Thematik unmittelbar und unkompliziert helfen müssen. Wir mussten darüber nicht lange nachdenken.”

BT: Wie kam es zu diesem Engagement?

Voigt: ,,Die mediale Präsenz hat auch bei uns dazu geführt, dass uns das unverschuldete Schicksal vieler Menschen sehr beschäftigt hat. Wir sind in Braunschweig auf die Landesaufnahmebehörde, aber auch auf Vereine zugegangen, die sich aktiv an der Integration von Flüchtlingen beteiligen und haben uns danach erkundigt, wo genau Hilfe benötigt wird. Es geht darum, mit vielen kleinen Hilfestellungen die Chance auf eine friedliche gemeinsame Zukunft zu vergrößern.”

BT: Wie sieht diese Hilfe konkret aus?

Braunschweiger Turn- u. Sportverein

Braunschweiger Turn- u. Sportverein

Voigt: ,,Das ist ganz unterschiedlich. Zu Beginn haben wir aussortierte Trainingsanzüge, Winterjacken, Trikots, Hosen und Stutzen an kleine Fußballvereine in der Region gespendet, die Flüchtlinge aufgenommen haben und diese aktiv in den Trainings- und Spielbetrieb integrieren. Im Anschluss wurden komplette Trainingsausrüstungen sowie Trikotsätze an die Landesaufnahmebehörde übergeben, um in der Einrichtung ein Fußballtraining durchführen zu können. Außerdem konnten wir bei unserem letzten Heimspiel im Mai 2015 etwa 400 Paar Fußball- und Sportschuhe sammeln und an die Landesaufnahmebehörde weitergeben. Darüber hinaus haben wir im Anschluss an den Integrationsspieltag im März 2015 die Sondertrikots des gesamten Kaders versteigert. Der Erlös von 3.250 Euro – aufgestockt um 1.500 Euro aus einer Sozialspendenkasse der Profis und weiteren 1.250 Euro eines Sponsors auf insgesamt 6.000 Euro wurde an die Vereine ,Refugium Flüchtlingshilfe e.V.’und ,ROOTS Förderverein Interkultureller Garten e.V.’ in Braunschweig gespendet.

BT: Die Eintracht beteiligt sich auch an der Initiative “1:0 für ein Willkommen” der DFB-Stiftung Egidius Braun und hat sich um einen Zuschuss beworben. Warum sind diese 500 Euro wichtig, obwohl es im Profifußball zumeist um ganz andere Summen geht?

Voigt: ,,Das Geld ist für uns in jedem Fall wichtig, weil wir uns parallel um eine Förderung für das Projekt ,Willkommen im Fußball’ der Bundesliga-Stiftung beworben haben und es uns so möglich ist, mit einer größeren Summe aktiv zu werden. Wir möchten damit über zwei Jahre sowohl in der Landesaufnahmebehörde als auch 25 unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen in Braunschweig jeweils zwei Mal in der Woche für 90 Minuten einen Fußballtrainer sowie das nötige Equipment zur Verfügung stellen. Im Optimalfall können die Jugendlichen im Anschluss an das Programm in die lokalen Fußballvereine integriert werden. Hierzu sind wir in Kontakt mit dem Niedersächsischen Fußballverband.”

Scheckübergaben / BSC Acosta Braunschweig vs. Eintracht Braunschweig

v.l.n.r.: Frank Gärtner (Roots Förderverein Interkultureller Garten e.V.), Oliver Scheichl (Leiter Flüchtlingshilfe e.V.), Paul-Uwe Hartmann (PSD Bank Braunschweig), Frank Mengersen (BSC Acosta), Ute Wasserbauer (Kinderhaus Brunsviga), Marc Arnold (Sportlicher Leiter Eintracht Braunschweig), Uwe Hielscher (BSC Acosta)

BT: Gab es im Vereinsumfeld auch kritische Stimmen?

Voigt: ,,Es gibt vereinzelt Personen, die sich – kommuniziert über die Sozialen Medien – eine andere Form der Unterstützung wünschen würden, beispielsweise für Kinder in Armut oder für die Braunschweiger Tafel. Beides decken wir aber ohnehin im Rahmen unseres umfangreichen Engagements ab.”

BT: Wie ist die 1. Mannschaft der Eintracht bislang mit der Thematik in Berührung gekommen?

Voigt: ,,Die Profis haben sich mit hohem Einsatz an der Schuhspende für die Landesaufnahmebehörde beteiligt und die bereits erwähnte Summe von 1.500 Euro aus der Sozialspendenkasse zur Verfügung gestellt.”

BT: Gab es einen besonderen Moment der Dankbarkeit, der in Erinnerung geblieben ist?

Voigt: ,,Ein emotionaler Moment war in jedem Fall, als zu unserem Heimspiel gegen den FSV Frankfurt am 2. Mai 2015 ein Eintracht-Fan aus dem Rheinland über 100 Kinder aus einer Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung eingeladen hatte. Darunter waren auch einige unbegleitete jugendliche Flüchtlinge, die überwältigt und beeindruckt von der Atmosphäre und der guten Stimmung im Stadion waren und einen tollen Tag bei uns verbracht haben.”