Judoka Nikolai Kornhaß hat Rio fest im Visier
22. Juli 2015 Zurück zur Artikelübersicht »

Einer der Nachwuchssportler, die im Rahmen der Nachwuchseliteförderung paralympisch durch die DFB-Stiftung Egidius Braun und die Deutsche Sporthilfe unterstützt werden, ist Nikolai Kornhaß aus Freiburg. Der 22-Jährige zählt zu den talentiertesten Judoka mit Handicap in Deutschland. Rainer Kalb stellt den Spitzensportler vor.

Judo ist japanisch und bedeutet so viel wie „Der sanfte Weg“. Nikolai Kornhaß ist ein Meister-Judoka und auf dem besten Weg, sein Ticket für die Paralympics in Rio de Janeiro im Sommer 2016 zu lösen. In der Klasse bis 73 Kilogramm der Sehbehinderten ist der Mann von der Gundelfinger Turnerschaft in den letzten Jahren auch international ein vielbeachteter Gegner für die Besten der Welt in seiner Gewichtsklasse geworden. Zurzeit belegt der Lehramtsstudent aus Heidelberg den achten Platz der Weltrangliste – das würde für die Teilnahme in Rio reichen.

Die DFB-Stiftung unterstützt den Judoka Nikolai Kornhaß ( © dbs-npc)

Die DFB-Stiftung unterstützt den Judoka Nikolai Kornhaß (© dbs-npc)

„Das ist natürlich ein großer Traum von mir. 2012 in London war ich auf Abruf nominiert. Ich wäre noch gefahren, wenn sich jemand verletzt hätte. Aber diesmal möchte ich unbedingt dabei sein“, sagt Kornhaß, der zuletzt internationaler deutscher Meister geworden ist und auch beim Weltcup im Februar dieses Jahres im ungarischen Eger mit Platz fünf hinter der starken Konkurrenz aus Osteuropa aufhorchen ließ. Die Gegner aus Aserbaidschan wie Ramil Gasimow, der Usbeke Ferus Sajidow sowie die Ukrainer Sergej Kotenko und Dmitro Solowjew werden sicher auch bei den Paralympics wieder zu den stärksten Kontrahenten zählen.

Starke Konkurrenz aus Osteuropa

Aber Judo ist eine japanische Sportart. Gibt es die Konkurrenz aus Asien bei den Sehbehinderten nicht? „Im Judo der Sportler ohne Handicap dominieren nach wie vor die Japaner oder Südkoreaner, aber bei uns sind die Judoka aus Osteuropa einfach stärker“, sagt Kornhaß. Sein größter Erfolg war bislang der Triumph bei den Junioren World Games 2013. Bei der WM ein Jahr später belegte er den neunten Platz, bei der EM 2011 war er Fünfter geworden. Aber die Erfolge haben natürlich auch ihren Preis: hartes Training.

(© dbs-npc)

Der 22-Jährige kämpft in der Klasse bis 73 Kilogramm der Sehbehinderten (© dbs-npc)

„Achtmal pro Woche wird trainiert, ein- bis zweimal am Tag“, berichtet er. Und Kornhaß hat das Krafttraining sogar intensiviert: „Ich habe gemerkt, dass ich international nicht weiterkomme, wenn ich in dieser Hinsicht Defizite habe. Deshalb fiel die Entscheidung leicht, das Pensum zu erhöhen.“ Dreimal pro Woche wird nun speziell an der Kraft gefeilt.

Auf den Griff kommt es an

Den Gegner auf die Matte zu zwingen, das ist natürlich auch Kornhaß’ Ziel. Die Unterschiede zum „normalen“ Judo sind von ihm schnell erklärt: „Die nichtbehinderten Judoka versuchen, sich durch einen bestimmten Griff einen Vorteil zu verschaffen. Bei uns ist es vorgegeben, wo die Judoka ihren Griff ansetzen dürfen. Das macht das Ganze etwas statischer, aber ansonsten ist es das Gleiche.“ Die Angriffe des Gegners zu parieren und selbst zum Beispiel eine Außensichel anzusetzen, hat viel mit Erfahrung zu tun: „Das spielt natürlich eine große Rolle.“ Das richtige Körpergefühl, die Distanz zum Gegner, die Taktik – alles wird über die Jahre geschult.

Kornhaß war schon als kleiner Junge sportbegeistert: „Ich habe Fußball gespielt, Trampolinturnen, Leichtathletik und natürlich Judo gemacht.“ Im Alter von neun Jahren schlug die Erbkrankheit bei ihm voll durch, die Sehstärke nahm rapide ab. Bei rund fünf Prozent liegt sie im Augenblick. „Da habe ich die anderen Sportarten aufgegeben und bin beim Judo geblieben“, berichtet Kornhaß. Mit jetzt 22 Jahren fühlt er sich reif für die Herausforderung Paralympics im kommenden Jahr. Zuvor im November findet die Europameisterschaft statt und eventuell im Frühjahr 2016 zusätzlich ein Qualifikationsturnier. Aber das flößt Kornhaß keine Angst ein.

Nicht nervös wegen Rio

Die Teilnahme in Rio ist das große Ziel, doch nervös macht ihn eine solche Großveranstaltung nicht: „Es ist nur so, dass die Paralympics öffentlich mehr wahrgenommen werden als eine Welt- oder Europameisterschaft. Das Kennenlernen von anderen Sportlerinnen und Sportlern gibt es auch bei den übrigen internationalen Meisterschaften.“ Allerdings dürfte das Ambiente eines Olympischen Athletendorfes in Rio doch noch etwas ganz Besonderes für Kornhaß sein.

Nikolai Kornhaß in Action (© dbs-npc)

Nikolai Kornhaß in Action (© dbs-npc)

In Heidelberg findet er zurzeit fast ideale Bedingungen vor; hier wird er auch von den Bundestrainern betreut. Die Unterstützung durch die DFB-Stiftung Egidius Braun weiß der Judoka sehr zu schätzen. „Bei mir ist das vor allem die Mietunterstützung, die vieles einfacher macht“, berichtet er. Auch die Anschaffung von Trainingskleidung wird mit dem Zuschuss finanziert.

Von einer Medaille in Rio will er indes noch nicht sprechen. Die Konkurrenz ist stark. Über den „sanften Weg“ will Kornhaß zunächst zu den Paralympics finden, und an der Copacabana selbst werden die Karten dann neu gemischt. Dem Studenten ist jedenfalls in den nächsten Jahren noch einiges zuzutrauen.

Infos zur Nachwuchseliteförderung paralympisch hier .