11. März 2016 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Eine der Nachwuchssportlerinnen, die im Rahmen der Nachwuchseliteförderung paralympisch durch die DFB-Stiftung Egidius Braun und die Deutsche Sporthilfe unterstützt werden, ist Maike Naomi Schnittger aus Potsdam. Die 21-Jährige zählt zu den talentiertesten Schwimmerinnen mit Handicap in Deutschland. Rainer Kalb stellt die Spitzensportlerin vor.
Zum Jahreswechsel sicherte sich Maike Naomi Schnittger die A-Norm und qualifizierte sich so für die Paralympischen Spiele (Copyright: Ralf Kuckuck)
Die Paralympischen Spiele in Rio de Janeiro beginnen zwar erst in ein paar Monaten, aber für Maike Naomi Schnittger begann die ganze heiße Phase schon im Dezember 2015. Die sehbehinderte Schwimmerin vom SC Potsdam sicherte sich zum Jahreswechsel die A-Norm und qualifizierte sich so für die Spiele am Zuckerhut. „Das vergangene Jahr war für mich nicht einfach, umso mehr freue ich mich über die erfolgreiche Qualifikation und die Wettkämpfe in Rio“, sagt die Psychologie-Studentin.
Der Druck im Vorfeld war groß, aber das ist für Schnittger nichts Neues. Sie kann damit mehr als gut umgehen und bestätigt ihre Leistungen immer wieder, wenn es darauf ankommt. Bei den Paralympischen Schwimm-Weltmeisterschaften im vergangenen Juli in Glasgow holte sie die Bronzemedaille über 50 Meter Freistil. „Ich hatte eigentlich Pech, weil ich während der Titelkämpfe eine Virus-Erkrankung hatte. Zum Glück war dieser Wettbewerb erst am Ende, da hatte ich die Krankheit weitgehend überwunden“, berichtet die junge Athletin.
Schon 2009 hat sie Wettkämpfe in Rio bestritten. „Das hat mich total begeistert“, sagt Schnittger, „auch die Paralympics 2012 in London, das war ein Wahnsinn. In Brasilien wird es vielleicht noch bunter, noch schriller zugehen.“ Trotz ihrer Jugend kann die in Yokohama geborene Athletin, die seit November 2004 an einer sogenannten Zapfendystrophie leidet und nur noch ein Prozent Sehfähigkeit besitzt, auf große internationale Erfahrung zurückgreifen. Sie holte 2010, 2013 und 2015 die WM-Bronzemedaille, war Europameisterin 2011 und EM-Dritte 2014. Hinzu kommen neben mehreren Welt- und Europarekorden, insgesamt 13 deutsche Rekorde.
24 besonders talentierte paralympische Nachwuchssporler und Nachwuchssportlerinnen befinden sich in der “Nachwuchselite-Förderung paralympisch”. Dieser Förderbaustein der Deutschen Sporthilfe (DSH) wird exklusiv von der DFB Stiftung Egidius Braun unterstützt und finanziert. (Copyright Ralf Kuckuck)
Schnittger: „Ich weiß die Selbstständigkeit sehr zu schätzen!“
Damit sie so erfolgreich ist, investiert sie auch eine ganze Menge. Der Trainingsaufwand umfasst zehn Einheiten im Wasser und drei bis sechs Einheiten Athletiktraining in der Woche. Besser ausgedrückt: das Trainingspensum liegt zwischen 30 und 35 Stunden – wöchentlich. Hinzu kommt das Studium der Psychologie. Maike Schnittger ist also voll gefordert, hat aber bislang alles mehr als gut gemanagt.
Mit dem Wintersemester 2013/2014 ist sie nach Potsdam übergesiedelt. „Es gibt am Olympiastützpunkt ganz tolle Trainingsmöglichkeiten. Ich habe es nicht bereut, hierher gegangen zu sein“, äußert sie. Zu Hause bei der TG Ennigloh in Nordrhein-Westfalen wurde sie von ihrem Vater Rainer Schnittger trainiert. Am Olympiastützpunkt in Potsdam wird sie nun von Cheftrainer Christian Prochnow gecoacht. „Die Entscheidung ist mir damals wirklich nicht leicht gefallen“, resümiert sie. Mit ihrer Sehbehinderung gestaltet sie ihren Tagesablauf ganz alleine. Das heißt zum Beispiel, dass Schnittger die Wege zur Uni und zum Training alleine absolviert, ohne weitere Hilfe. Diese Selbstständigkeit weiß sie sehr zu schätzen. „Ich kann zwar nur am Rande etwas erkennen, aber das reicht zur Orientierung“, beschreibt Schnittger ihren Alltag.
Förderung wertvoll: „Meine Arbeit ist der Sport!“
Die Orientierung im Wasser ist angesichts ihrer Sehbehinderung nicht so leicht, „aber bislang habe ich noch keine Rolle ins Leere bei der Wende gemacht“, schmunzelt sie. Klar ist, dass nicht alle Wendemanöver im Wettkampf hundertprozentig funktionieren. Schnittger: „Manchmal muss ich mich ganz klein machen, um mich von der Beckenwand abstoßen zu können, oder ich berühre die Wand nur mit den Zehenspitzen, aber damit muss man leben.“ Auch ihre Konkurrentinnen haben mit denselben Problemen zu kämpfen.
Maike Schnittgner hat sich auf Freistil spezialisiert. Dabei sind die Strecken zwischen 100 und 400 Meter ihre Spezialstrecken. Aber auch auf der 50-Meter-Kurzstrecke konnte sie die Konkurrenz zuletzt beeindrucken. Bislang ist es ihr immer gelungen, Medaillen einzuheimsen. Sie hofft, dass die Serie auch in Rio nicht reißt.
Die Unterstützung durch die DFB-Stiftung Egidius Braun und die Deutsche Sporthilfe im Rahmen der Nachwuchseliteförderung paralympisch erleichtert Maike Schnittger in der alltäglichen Trainingsarbeit einiges. „Schließlich sind die Badeanzüge nach drei Monaten zerschlissen“, berichtet sie. Und auch die Kleidung für das Krafttraining ist nicht gerade preiswert. Bis zu 4.000 Euro pro Jahr kann die Sportlerin über das Förderprogramm abrufen. „Diese Unterstützung ist sehr wertvoll. Ich kann schließlich nicht arbeiten. Meine Arbeit ist der Sport und nebenbei studiere ich“, lautet ihre einleuchtende Erklärung.
Übersicht über alle geförderten Athletinnen und Athleten unter: http://www.egidius-braun.de/nachwuchselitefoerderung/